Auf dem Platz von The Eppstein Project haben wir unser eigenes Projekt gestartet: kommen wir mindestens 3 Monate lang auf wenig Raum so gut miteinander klar, dass wir später im Leben unser „Work&Travel“ durchziehen können? Und fühlen wir uns minimalistisch lebend gut? Können wir widerstandsfähiger gegen die Folgen der echten und herbeigeredeten Krisen in der Welt werden? Auch die der Privaten? Werden wir diese hohen Ziele unverkrampft angehen können?
Vorweg genommen beantwortet: ja…………
Anfang August konnte es dann los gehen. Damit wir nicht kneifen können, haben wir die Wohnung bis Ende Oktober über AirBnB an ein Paar aus den USA überlassen. Das Wohnmobil war noch in der Werkstatt, aber wir haben ja ein Zelt. Verschärfte Bedingungen also. Wir haben eine Outdoorküche in einem Gartenhäuschen aus Metall eingerichtet, so wurde auch das Leben mit Zelt recht komfortabel.
2 Wochen später konnten wir unser Wohnmobil wieder abholen. Ein Schweller war durchgerostet und ein Wasserschaden musste repariert werden. Die Entdeckung der Schäden hat uns erst mal die Freude verhagelt, aber beides wurde freundlich und problemlos auf Gewährleistung des Händlers repariert. Letztendlich wurde trotz der anfänglichen Aufregung eine positive Erfahrung daraus.
150 qm Grundstück, 8 qm Wohnraum, die Outdoorküche, ein Pavillion für Schatten, eine Markise am Fahrzeug als Regendach. Dazu eine Outdoordusche in 20 Meter Entfernung und Sanitäranlagen oben auf dem Berg. Unser Bad heisst Narnia, denn wir gehen zu Körperpflege etc. in den Schrank. Das Bett misst 1,20 x 2,00 Meter, sportlich für uns Walfische. In die Schränke passt Kleidung für jeden, ungefähr so viel, wie in 1,5 Sporttaschen passt. Wir haben Wlan und Tablets zur Unterhaltung, keine Glotze. Draussen bequeme Gartensessel und ein grosser Tisch. Drinnen sitzen wir auf den Drehsitzen oder der schmalen Bank am kleinen Tisch. Wir haben zwei Kühlschränke – bei der Hitze notwendig-, 2 Induktionsplatten und einen Gasherd. Und natürlich einen Dutch Oven. Das muss reichen!
Zur Arbeit haben wir es 17 bzw. 21 km weit, die wir überwiegend mit dem Speedpedelec zurücklegen wollen. Auf dem Platz gibt es am Wochenende die Bulli Bar mit leckerem Essen, die Infrastruktur stimmt, ein guter Start ins Projekt ist uns sicher………
Jetzt sind wir seit ein paar Tagen wieder zurück in der Wohnung, haben Platz und Wohnmobil so weit winterfest gemacht, dass wir ab und zu mal übernachten und/ oder kleine Trips machen können. Eine gute Gelegenheit, zu resümieren.
Ok, wir haben kein Instrument gelernt, kein Buch geschrieben, keinen Film gedreht, nicht das Malen angefangen und auch unsere Websiten so belassen, wie sie sind. Eigentlich hätten wir gedacht, dafür endlich mal Zeit zu haben, denn Haushaltsdinge fielen ja fast komplett weg.
Dafür haben wir oft einfach mal gesessen, ins Grüne und den Sternenhimmel geschaut und geredet. Haben gut gegessen, mit Freunden gegrillt, viele nette Menschen kennen gelernt, tolle Konzerte auf dem Platz erlebt und dabei viel Spass gehabt.
Und ja, wir kamen trotz räumlicher Enge gut miteinander klar. Auch als die Nächte länger wurden. Wir stellten dabei fest, dass grosse räumliche Nähe grössere innere Distanz erzeugt. Das ist nichts, was bleibt, es hilft unbewusst gegen das Gefühl räumlicher Bedrängnis. Leben im Wohnmobil wird klappen, unsere „Work&Travel“- Pläne werden wir umsetzen können. Check!
Mit weniger auskommen? Weniger Dinge um sich herum haben? Minimalismus ist ein Trend, den wir jetzt viel besser nachvollziehen können. Wahrscheinlich nicht in aller Konsequenz leben, uns aber immer wieder vornehmen werden. Check!
Krisen! Energiekrise, Krieg, Immobilienkrise, Rentenkrise, Wirtschaftskrise, Inflation, Rezession………..irgendwas ist immer. Und wie prächtig an den Krisen verdient werden kann. Da ist die Wahrscheinlichkeit hoch, in nicht allzu ferner Zeit heute noch selbstverständliche Dinge nicht mehr bezahlen zu können. Oder einfach nicht mehr jeden Preis bezahlen zu wollen. Und über allem thront, sozusagen als Masterkrise, der Klimawandel.
Eigentlich ist es ganz banal. Weniger Verbrauch = weniger Kosten = gut für die Umwelt = besseres Gefühl = weniger Einfluss auf uns durch welche Krise und welchen Wandel auch immer. Auf der Schulter aber sitzt das Komfortteufelchen und flüstert was von Verzicht und Askese, was wir doch sicher keinesfalls wollten. Und dann flüstert es, nein, schreit im Chor mit denen, die wir in der Öffentlichkeit wahrnehmen: „Schaut und hört Euch doch um! Niemand will Verzicht! Unser Wohlstand ist in Gefahr!“ Und sekundiert wird es von Stimmen aus dem privaten Umfeld: „Wir wollen, dass alles wieder so wird wie vorher, wie vor der Krise!“ Unsere Antwort, dass das „Vorher“ doch in die Krise – welche auch immer, sucht Euch eine aus – geführt hat, verhallt nahezu ungehört.
Denn wir haben es draussen im Grünen täglich miterlebt, wie alles verdorrt, das Wasser aus den Quellen weniger wird, immer weniger Vögel zu hören sind, Insekten verdursten…… der Klimawandel wurde für uns konkret. Ebenso unmittelbar spürbar der menschliche Einfluss auf die Umwelt: Artenarmut, Verkehrslärm, Flächenversiegelung, Gülleverklappung, Vermüllung. Der allabendliche Blick in den klaren Sternenhimmel brachte uns mehr denn je ins Bewusstsein, dass wir alleine auf einer kleinen Kugel durchs All rasen.
So sassen wir also im Bewusstsein, dass es keine zweite Kugel für uns gibt, unterm Sternenzelt und merkten, dass das Leben im Wohnmobil in die richtige Richtung geht. 11kg Gas reichen für einen Herbstmonat, 50 Liter Wasser für eine Woche Körperpflege, Trinken und Kochen, Outdoorduschen macht Spass und das Wäsche waschen in einer gemeinschaftlich genutzten Maschine ist ertragbar. Fahrt zur Arbeit mit dem Speedpedelec, erst recht mit dem Scorpion, machte so richtig Laune. Und es waren nur 5 Minuten mehr von Tür zu Tür als mit dem Auto.
Wir hatten also niedrigen Verbrauch = geringe Kosten = gut für die Umwelt = waren glücklich = und Energiekrise, Inflation und schlechten Aussichten für die Rente vorloren ihren Schrecken. Und das bei steigender Lebensqualität.
Wenn das Gas knapp und die Stromversorgung unsicher wird oder die Kosten durch die Decke gehen, gehen wir ins Wohnmobil, machen es uns muckelig warm, kochen mit Holz und können so den Winter gut verbringen. Krise, Du kannst uns mal! Noch mehr Lebensqualität. Doppelcheck, Einfach mal gut!
Wenn die Tage richtig kurz werden, wird das ständige Leben im Wohnmobil zäh. Mehr Platz wäre schön, ein Tiny Home zum Beispiel. Leider legen die Behörden im Land der Bedenkenträger den Interessenten jeden Stein in den Weg, den sie finden können. Mal darf man nicht dauerhaft irgendwo sein, mal gibt es eine Bauordnung, dann wieder Brandvorschriften……..es herrscht das gleiche Mindset vor wie zum Thema Speedpedelec. Da gibt es Lösungen, die helfen, den ökologischen Footprint zu minimieren, aber man will nicht!
Dann halt konservativ das „weniger ist mehr“ angehen: wir werden uns verkleinern. Zufällig wurde eine Zweizimmerwohnung, in der ich vor 15 Jahren gewohnt habe, frei. 2 Zimmer, 68qm, 4.Stock mit Aufzug im eigentümergemeinschaftsgeführten Hochhaus, U-Bahn fussläufig, REWE gegenüber, Hausmeister im Haus, Zahnarzt im Haus ( immerhin )…..das klingt doch zukunftsfähig. Passt auch dann, wenn wir körperlich nicht so ganz fit sind. Die Miete ist ok, die Nebenkosten gering und ebenso die Gefahr, Dinge um sich herum zu horten. Dabei ist die Lage attraktiv, wir können jederzeit untervermieten, wenn wir auf dem Platz oder unterwegs sind. Alles in allem, das ist Freiheit.
Es gibt nur einen Wermutstropfen: der einfache Weg zur Arbeit wird 44 Kilometer werden. Und hier liegt der Grund, warum ich unser Projekt auch auf Speedpedelecbiker poste: das Speedpedelec wird die entscheidende Rolle spielen und Jenke von Willmsdorff mein Vorbild sein. Lasst Euch mit dem nächsten Post auf die Reise mitnehmen………..